Viel Zufriedenheit und wenig Masken:
Genuss pur in den Gartenterrassen
«Endlich wieder einmal an der Sonne sitzen und gemeinsam essen und geniessen.» Ob im Thurgau am Bodensee, im Appenzellerland am Fuss der Voralpen, ob in der Stadt St.Gallen oder im Toggenburg – die Freude über die geöffneten Gartenterrassen ist riesig bei den Gästen. Auch wenn da und dort kritische Stimmen zu hören sind.
«Wir haben fast ein Jahr gelitten», sagt ein Mann, der mit einem Arbeitskollegen vom Chef zum Mittagessen eingeladen ist.
«Wir arbeiten auf dem Bau und sind oft gezwungen, auswärts zu essen. Für mich grenzten die Bedingungen in den vergangenen Monaten an Misshandlung.»
Obwohl keiner der drei eine Maske trägt, versichern sie: «Wir arbeiten zusammen, bleiben unter uns und passen gut auf.»
Kritisch tönt es auch ein paar Tische weiter, wo ein Mann und eine Frau das Mittagessen an der Sonne geniessen. «Ich trage grundsätzlich keine Maske und habe keine Angst vor einer Ansteckung. Mit der Angst lässt sich die grosse Masse steuern – ohne mich.» Natürlich sei er sich der Gefahren bewusst und nehme sich in Acht.
«Was mich jedoch stört, ist der Umgang mit dem Thema und dass kritische Stimmen gerne totgeschwiegen werden.»
Dem pflichtet auch die Dame gegenüber bei – eine ehemalige Miss Schweiz.
«Es ist schön, endlich einmal nicht selber kochen zu müssen»
Die geschlossenen Restaurants haben vielen Gästen zugesetzt. Gleich mehrere Frauen sagen:
«Es ist schön, nicht selber kochen zu müssen.»
Das Treffen zu diesem Mittagessen habe sich spontan ergeben, erzählen zwei Frauen. «Es ist wirklich ein schönes Erlebnis; das möchten wir fortan wieder öfter geniessen.» Sie seien beide geimpft. Eine Maske tragen sie am Tisch nicht.
Auch eine Mutter mit zwei Kindern lacht fröhlich heraus, wie schön es doch sei, ein Essen zu geniessen, ohne es selber kochen zu müssen. Das schöne Wetter lade geradewegs dazu ein. Das dachten auch eine ältere Dame und ihr Begleiter, die sich spontan zum Mittagessen in einem Gartenrestaurant entschlossen. Beide sind geimpft und tragen keine Maske am Tisch. «Wir freuen uns richtig, wieder einmal auswärts essen gehen zu dürfen. Das bringt uns ein Stück Normalität zurück. Wir wollen nun wieder regelmässig auswärts essen gehen.» Angst vor einer Ansteckung habe auch sie nicht. Ebenso jene vier Männer, die um 11 Uhr einen Apéro geniessen. «Es ist schön, sich wieder mit Kollegen treffen zu können.» Eine Maske tragen sie nicht am Tisch. «Wenn wir aufstehen aber schon, wir sind sehr vorsichtig», versichern sie.
«Man muss jetzt einfach den gesunden Menschenverstand walten lassen.»
Er trägt zwar keine Maske am Tisch, versichert aber, die Regeln stets einzuhalten. «Rebellieren bringt ja nichts.»
Wirtinnen und Wirte sehnen sich die Gäste zurück – und umgekehrt
Linus Thalmann, Inhaber des «Toggenburgerhof» in Kirchberg
Wie sieht es bei den Gastgebern aus, lohnt sich das Öffnen der Gartenterrassen? «Ob es sich wirtschaftlich lohnt, weiss ich erst später», sagt Linus Thalmann vom «Toggenburgerhof» in Kirchberg. Um mehr Gäste bewirten zu können, hat er extra ein Zelt mit zwei geöffneten Seitenwänden aufstellen lassen. Er betont aber: «Im Vordergrund steht das Wohl der Gäste, wir möchten ihnen endlich wieder etwas bieten dürfen.»
Gina Tatarus, Chefin des «Zapfenzieher» in Kreuzlingen.
Ähnlich tönt es bei Gina Tatarus vom «Zapfenzieher» in Kreuzlingen: «Wir und unsere Gäste sind glücklich, dass wir uns wieder haben. Wir sind wie eine grosse Familie.» Gerade für Alleinstehende sei der Shutdown entbehrungsreich gewesen. Ebenso für sie als Wirtin – auch wirtschaftlich. Gross ist die Freude auch bei Erika Harder von der «Seemöve» in Güttingen. «Die Wertschätzung gegenüber der Gastronomie ist gestiegen. Die Gäste litten unter sozialem Entzug.»
Erika Harder, Direktorin Hotel Seemöwe, Güttingen.
Fazit: Die Gäste sind voller Glücksgefühle, ebenso die Gastgeberinnen und Gastgeber. Die BAG-Regeln werden gut eingehalten, das Tragen der Maske am Tisch lässt sich hingegen kaum durchsetzen.

St. Galler Tagblatt, 23.04.2021, 20.03 Uhr, Hans Suter


